Umweltlizenzen

Umweltlizenzen
Umweltlizenzen,
 
Umwelt|zertifikate, ein umweltpolitisches Instrument, bei dem das Recht auf eine bestimmte Nutzung von Umweltressourcen mengenmäßig kontingentiert und in Form eines am Markt handelbaren Zertifikats verbrieft wird. Anders als bei Umweltabgaben setzt die Steuerung hier nicht auf der Preis-, sondern auf der Mengenseite an. So berechtigen Emissionszertifikate ihren Besitzer pro Zeiteinheit eine bestimmte Schadstoffmenge (z. B. CO2) zu emittieren, wobei die insgesamt zulässigen Emissionen durch die Menge der in Umlauf befindlichen Zertifikate begrenzt wird. Um die erforderlichen Anpassungsprozesse zu ermöglichen, ist in der Regel vorgesehen, zunächst Zertifikate im Umfang der aktuellen Istemissionen auszugeben, die dann im Rahmen eines vorgegebenen Zeitplans »abgewertet« werden. Infolge dieser Verknappung setzt unter den Emittenten ein Handel mit Emissionszertifikaten ein, und es bildet sich ein Knappheitspreis, der bewirkt, dass sich die insgesamt erforderlichen Emissionsreduzierungen in kostenminimierender Weise auf die einzelnen Emittenten verteilen (gesamtwirtschaftliche Effizienz). Analog lässt sich auch das Recht zur Herstellung beziehungsweise zum Import umweltbelastender Produkte (z. B. FCKW) durch Vergabe handelbarer Quoten reglementieren, und ein vergleichbarer Mechanismus von Inputzertifikaten kann für die Begrenzung umweltbelastender Produktionsfaktoren (z. B. Pflanzenschutzmittel) angewendet werden.
 
U. stellen dasjenige Instrument zur Korrektur von Marktversagen infolge negativer externer Effekte dar, das am stärksten der Funktionsweise des Marktes entspricht. In der Öffentlichkeit wird gegen U. häufig eingewendet, sie bedeuteten einen »Verkauf der Umwelt«. Jedoch läuft jedes umweltpolitische Instrument darauf hinaus, das Gut Umwelt zu rationieren und den Interessenten ein bestimmtes Gesamtmaß an Umweltnutzungen zuzuteilen. Der Unterschied besteht lediglich darin, dass diese Zuteilung im Rahmen ordnungsrechtlicher Regelungen (Verbote und Auflagen) kostenlos erfolgt, während bei U. hierfür ein Preis zu entrichten ist. Ein anderer Einwand befürchtet, dass bei Einführung von U. Marktzutrittsschranken geschaffen werden sowie finanzkräftige Unternehmen Zertifikate aufkaufen und horten und auf diese Weise Konkurrenten aus dem Markt verdrängen. Dem steht u. a. entgegen, dass U. sich auf eine spezifische Umweltschädigung beziehen, während die Unternehmen auf (verschiedenen) Produktmärkten konkurrieren.
 
Praktische Versuche mit Zertifikatlösungen in Verbindung mit Umweltauflagen haben bisher v. a. in den USA stattgefunden. So wird im amerikanischen »Emissions-Trading-Program« für eine bestimmte Region z. B. vorgeschrieben, dass sich neue Unternehmen nur ansiedeln dürfen, wenn sich die Umweltqualität nicht verschlechtert (Ausgleichspolitik, Offset-Policy), oder dass sich die Emissionen in einer Region für alle Unternehmen nicht erhöhen dürfen beziehungsweise kontinuierlich verringern müssen (Glockenpolitik, Bubble-Policy). Unternehmen, die ihre Emissionen über die Umweltauflage hinaus verringern, erhalten übertragbare, d. h. handelbare Emissionsgutschriften (Emissionsminderungsguthaben), die auch bei Umweltbanken deponiert werden können, um sie später selbst zu verwenden oder zu verkaufen (»kontrollierter Umwelthandel«). Auf internationaler Ebene wird zurzeit ein ähnliches System zur Realisierung der im Protokoll der Klimakonferenz von Kyōto (1997) vorgesehenen Verminderung von Treibhausgasemissionen diskutiert.
 
 
Umweltpolitik mit handelbaren Emissionsrechten, Beitrr. v. J. Heister u. a. (1991);
 J. Scheelhaase: Abgaben u. Zertifikate als Instrumente zur CO2-Reduktion in der EG (1994);
 
Grundfragen der U., hg. v. F. Wassermeyer (1994);
 D. Schneider: U. (61994).

Universal-Lexikon. 2012.

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